Martin Peichl ist In einer komplizierten Beziehung mit Österreich

Alltagsrassismus, Gender-Debatten, eine romantisierte Darstellung von Alkohol: In seinem neuen Buchprojekt, „In einer komplizierten Beziehung mit Österreich,“ beschreibt Martin Peichl toxische Beziehungen und Rauschzustände vor dem Hintergrund Österreich.

„In Österreich gibt es keine Menschen mit Alkoholproblemen. In Österreich gibt es nur Menschen, die Spaß verstehen, und Menschen, die keinen Spaß verstehen.“

In einer komplizierten Beziehung mit Österreich (Kremayr & Scheriau 2020)

Das Buch:
Martin Peichl, In einer komplizierten Beziehung mit Österreich. 224 Seiten, 24 €
http://www.kremayr-scheriau.at

Mit Alkohol haben in Österreich viele Menschen eine ganz spezielle Beziehung. So steht ein kleines Schwipserl oder gar ein ordentliches Räuscherl oft am Beginn einer abenteuerlichen Geschichte, die auch noch Jahrzehnte später gerne wiedergegeben wird. Schließlich, so hat schon der gute alte Hans Moser gesungen, könnte es ja sein, dass man in einem früheren Leben eine Reblaus gewesen ist, weil der Wein so gut schmeckt. Die innige Beziehung mit alkoholischen Getränken wirkt sich manchmal allerdings ungünstig auf andere Beziehungen aus, vor allem auf die Beziehung zu sich selbst.

In einer komplizierten Beziehung mit Österreich, so lautet der Titel von Martin Peichls Mix aus Bierdeckelgedichten und Geschichten. Unter der teils schwarzhumorigen Oberfläche der Texte, die Themen wie Liebe, Heimat und Männlichkeitsbilder behandeln, kommen unangenehmere Seiten des Alltags zum Vorschein: toxische Romantikvorstellungen, Ausländerfeindlichkeit und übermäßiger Alkoholkonsum.

Dem Thema Spiel ist nicht nur eine eigene Geschichte gewidmet, es spiegelt sich auch im Experimentieren mit Perspektiven und Erzählweisen wider. Hier scheinen Martin Peichls Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt. Von klassischen Kurzgeschichten über Bierdeckelgedichte, einer Profilsammlung von Männern ohne Eigenschaften bis hin zu einer Fernsehserie wirbelt der Autor seine Leser*innen wie ein Sturm durch die Seelenlandschaften seiner tragischen Gestalten.

In einer komplizierten Beziehung mit Österreich ist ein Buch, in dem es auch nach mehrmaligem Lesen immer noch etwas neues zu entdecken gibt: Sätze, die man gerne auf ein T-Shirt drucken möchte, Geschichten, die zum Nachdenken anregen und vielleicht auch die eine oder andere unangenehme Wahrheit über sich selbst.

Im Gespräch für Das Litrophon spricht Martin Peichl nicht nur über sein neues Buch, sondern auch über Probleme, die zu Komplikationen in der Beziehung mit Österreich führen könnten und denkt über Lösungsmöglichkeiten nach.

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Zum Autor:

1983 im Waldviertel geboren, lebt und schreibt Martin Peichl in Wien. Er erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, u.a. Hans-Weigel-Stipendium, Wiener Literaturstipendium, Limburg-Preis 2019.

Sein Debütroman Wie man Dinge repariert (2019, Edition Atelier) war im Finale des Alpha Literaturpreises, auf der Shortlist von „Das Debüt 2019 – Bloggerpreis für Literatur“ und wurde mit der Buchprämie des Bundeskanzleramtes ausgezeichnet. Im Herbst 2020 erschien In einer komplizierten Beziehung mit Österreich (Kremayr & Scheriau).

Organisiert eine On-Off-Lesereihe im Café Dezentral (Wien) und co-moderiert die Veranstaltung „Mondmeer und Marguérite“ (gemeinsam mit Raoul Eisele).

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