REZENSION Barbara E. Seidl 30. April 2021
In Zeiten, in denen es vielen Menschen nicht möglich ist zu reisen, bietet Lyrik eine willkommene Gelegenheit, in die Welt der Sprache einzutauchen und bekannte wie unbekannte Orte mit poetischem Blick zu erkunden. So entführen uns auch Jana Volkmann, Marcus Pöttler und Lukas Meschik in ihren kürzlich bei Limbus Lyrik erschienen Gedichtbänden in nahe und ferne Welten, die beim Flanieren mal vertraut und dann wieder fremd, mitunter utopisch und manchmal sogar dystopisch erscheinen.
Jana Volkmann führt von der Kleinstadt, einer dystopischen Version von Feldkirch, weiter gegen Osten, über Bratislava, ans Schwarze Meer, bis nach Bandipur und Yokohama. Mit wenigen Worten vermisst sie die Orte und dringt dabei auch in die verborgensten Winkel vor, wo Traumlandschaften entstehen. Die Gedichte werden durch Jörg P. Budenheims Zeichnungen köstlich ergänzt und kommentiert
es sind ja schon ganze planeten
durch die flecken auf der linse
meines teleskops entstanden
Jana Volkmann, Investitionsruinen
Auch Marcus Pöttler greift in seinen Texten, die er in der japanischen Kurzform Tanka verfasste, nach der Ferne. Dabei sucht er nach neuen Räumen für die Liebe, die er als mal ruhige und dann wieder unruhige Reise beschreibt, als Innenkreisungen auf der Suche nach Schnittstellen.
verdreht man das Universum
faltet die Fantasie seine Ränder
und ordnet die Elemente neu
Marcus Pöttler, Echos
Lukas Meschik wiederum lädt seine Leser*innen ein, mit ihm seine Heimatstadt Wien neu zu entdecken. So begleiten wir ihn in ein Buchgeschäft, in dem der Verkäufer niemanden namens Lyrik kennt, in „gescheite Lokale“, wo gescheite Leute Gescheites reden und essen schließlich Kartoffelpuffer im Papier auf der Jesuitenwiese.
Wir sind Planeten
Jeder in sich ganz
Mit eigener Atmosphäre
Und Gravitation
Lukas Meschik, Planeten
Mit ihren Gedichtbänden überwinden Jana Volkmann, Marcus Pöttler und Lukas Meschik räumliche Distanzen. Während sie sich alle mit einer Handvoll Wörtern urbane Welten erschreiben, zeugen die unterschiedlichen Themen und Herangehensweisen von den vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten, die sich in der Lyrik ergeben. Was allen drei Autor*innen gemeinsam ist, sind die pointierten Sprachbilder, die uns die Orte ihrer lyrischen Reisen näherbringen: nur wenige Zeilen reichen aus und schon ist die Leserin, der Leser, eingestiegen in den Gedankenflug, der bis ins Weltall zu fernen Sternen führt.
Jana Volkmanns Investitionsruinen, Marcus Pöttlers Echos und Lukas Meschiks Planeten sind schöne Beispiele dafür, dass Lyrik mit Sprache spielen und dabei gleichzeitig auch eine unterhaltsame Lektüre sein kann, Literatur, die inspiriert und Lust macht, die Welt in und um uns zu erkunden.