Every 1’s A Winnie

 Foto: Stefan Sandner

von Hanno Millesi

Geschockt von einem erschütternden Einblick in Franz Karl Ginzkeys Hatschi-Bratschis-Luftballon – ich bezweifle zwar, dass ich damals das, was diesem Machwerk in der Folge völlig zurecht vorgeworfen wurde, überhaupt registriert habe, verbinde damit jedoch nichts als finstere Erinnerungen –, stieß ich in dem liebenswerten Winnie-The-Pooh (Winnie Puh, später dann Pu der Bär) auf den ersten literarischen Helden meiner frühen Kindheit. 

Sein Schöpfer, Alan Alexander Milne, der – wie ich später erfuhr – in den 1920er Jahren eher zufällig vom Verfassen historischer Romane zur Auseinandersetzung mit Kinderbüchern kam (die Original-Illustrationen übrigens von E. H. Shepard), hat ihn als sympathischen Bären von „sehr geringem Verstand“ konzipiert. Das dürfte mir gefallen haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach besaß ich eine Ausgabe der Walt-Disney-Company, die seit 1961 über die Rechte am gesamten Hundertsechzig-Morgen-Wald samt sämtlicher seiner Bewohner verfügte, aber selbst in dieser merkt man, nicht nur in der Art der darin erzählten Abenteuer, sondern vor allem in Winnie’s pfiffigen Kameraden – Ferkel, dem melancholischen Esel oder der altklugen Eule –, dass man es hier eher mit lebendig gewordenen Fantasien zu tun hat als mit marktgerecht entworfenen Charakteren. Es heißt übrigens, ich hätte mich lange Zeit geweigert, Eule anders zu schreiben als Oile.


Hanno Millesi, geboren und lebt in Wien, schreibt Prosaliteratur, zuletzt: Die vier Weltteile (2018) sowie Der Charme der langen Wege (2021) und beschäftigt sich mit Collage-Arbeiten (https://www.instagram.com/millesihanno/).

für weitere Informationen siehe: www.hanno-millesi.com

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