Hinter den Kulissen: Fabian Bursteins Eroberung des Elfenbeinturms

REZENSION Barbara E. Seidl 30 November 2022

Was soll und kann Kunst und Kultur, was ist ihr Sinn und Zweck in einer lebendigen Gesellschaft?

Wo kämen wir denn dahin, den Sinn von Kunst zu hinterfragen, meinen die einen, Kunst muss gar nichts! Diese Einstellung ist eine Verachtung des steuerzahlenden Publikums, der Kulturpolitik und der Verwaltung, argumentiert die andere Seite. Auch Fabian Burstein gehört zur „anderen“ Seite. Als Kulturmanager ist er mittlerweile vor allem in Deutschland tätig und wirft nun in Eroberung des Elfenbeinturms. Streitschrift für eine bessere Kultur einen Blick von außen auf den österreichischen Kulturbetrieb.

Es ist vor allem eine zunehmende Entfremdung von den Wünschen und Interessen des Publikums, den der Autor für die aktuelle Publikumskrise verantwortlich macht. Vor allem junge Leute fühlen sich von dem, was Ihnen geboten wird, nicht angesprochen.

Überhaupt sieht Burstein einen großen Fehler im fehlenden Miteinbinden von jungen Menschen und ihrer Expertise, vor allem im Bereich der Sozialen Medien und Digitalisierung. Anstatt Jugendliche vor Sozialen Medien schützen zu wollen, sollten sie vielmehr als Vorbilder für den Umgang mit Tik-Tok, Instagram oder Podcasts herangezogen werden. Geht es nach dem Autor, dann sollte die jüngere Generation möglichst bald die Verantwortung übernehmen und den Kulturbetrieb von Grund auf erneuern.

Großen Erneuerungsbedarf sieht Burstein nicht zuletzt auch in der Besetzungspolitik, die sich wesentlich von Deutschland, wo Kulturdezernenten mittels öffentlicher Ausschreibungen gesucht werden. Anders die Situation in Österreich, wo in vielen Fällen bereits feststeht, wer die Stelle bekommt.

Foto © Stefan Tauber | Fabian Burstein, geboren 1982 in Wien. Studium der Publizistik-und Kommunikationswissenschaft. Im Autorenleben Verfasser von Romanen und Sachbüchern. Biograf der österreichischen New-Wave­Legende Hansi Lang. Seit 10 Jahren vorwiegend in Deutschland als Leiter für Kulturinstitutionen, Festivals und diverse künstlerische Formate verantwortlich. Aktuell Leiter des Kultur- und Veranstaltungsprogramms der Deutschen Bundesgartenschau 2023 in Mannheim und Geschäftsführer der Wiener Psychoanalytischen Akademie.

Fabian Bursteins Eroberung des Elfenbeinturms ist eine Streitschrift, die dem österreichischen Kulturbetrieb einen Spiegel vorhält, aber auch viele interessante Verbesserungsvorschläge bietet. Bemerkenswert ist auch, dass es dem Autor gelingt, den Elfenbeinturm mittels gut nachvollziehbarer Gedankengänge zu erobern, die auch für jene Leser*innen unterhaltsam und gut verständlich sind, die selbst nur wenig mit dem Kulturbetrieb zu tun haben. Kunst und Kultur geht alle an, nicht zuletzt da alle sie auch mitfinanzieren. Umso wichtiger ist aktive Anteilnahme und Mitsprache. Fabian Bursteins Streitschrift ist ein guter Anfang und Impuls und sei allen kulturinteressierten Leser*innen wärmstens ans Herz gelegt.

Fabian Burstein, Eroberung des Elfenbeinturms. Streitschrift für eine bessere Kultur. Essay 168 Seiten, Edition Atelier, 2022, € 20.

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