Foto © MeikeSudhoff
Mit „Atem“ legt Lukas Kummer nun bereits den dritten Band seiner Adaption von Thomas Bernhards „Autobiographischen Schriften“ vor. Im Interview spricht er über die größten Herausforderungen dabei, Bernhards Texte in eine Bildsprache zu übertragen und auch darüber, dass es Comics und Graphic Novels in Österreich nach wie vor schwer haben.
Waren Comics und Graphic Novels etwas, was dich immer schon beschäftigt hat?
Ja, ich habe sehr früh angefangen, Comics anzuschauen, noch bevor ich lesen konnte. Das Format hat mich immer schon fasziniert. Zuhause gab es bei uns nicht viel, nur die Klassiker, Asterix und Donald Duck. Schon als Kind habe ich versucht, diese Comics zu kopieren.
Du gibt’s auch Comicworkshops. Hast du den Eindruck, dass das Interesse für Comics im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren zugenommen hat?
Ich hätte in den letzten Jahren einen einzigen Comicworkshop geben sollen, der ist dann leider aufgrund ausbleibender Teilnehmer ausgefallen. Die Antwort aus meiner persönlichen Perspektive ist also nein. Graphic Novels und Comics haben es hier nach wie vor sehr schwer und ich glaube auch nicht, dass sich daran was ändert.
Der Atem ist die dritte Graphic Novel nach Thomas Bernhards Autobiographischen Schriften. Was waren die größten Herausforderungen bei der Adaption von Bernhards Texten?
Die größte Herausforderung war, einen Zeichenstil zu finden, der dem Schreibstil von Bernhard entspricht. Mir war es sehr wichtig, die Stilmittel der Wiederholung und Übertreibung zeichnerisch aufzugreifen. Dafür eine adäquate Entsprechung zu finden, hat die meiste Zeit gekostet.
Eignen sich Bernhards Schriften besonders gut für eine bildsprachliche Darstellung?
Mein erster Reflex wäre zu sagen, nein. Romane oder Theaterstücke bieten sich viel besser zur Adaption an, einfach aus dem Grund, dass man dabei direkte Reden hat. Dann braucht man nur noch ein paar gezeichnete Charaktere und legt diesen die Dialoge dann in den Mund. Aber jetzt, wo ich die Formel zur Bildumsetzung der Texte von Thomas Bernhard habe, würde ich sagen, dass es mir mittlerweile relativ leichtfällt.
Sind auch Adaptionen für die letzten beiden Bände geplant?
Ja, das hoffe ich sehr. Ich hätte am Ende auch gerne einen dicken Sammelband.
Comics hatten lange Zeit den Ruf, etwas für Lesefaule zu sein. Ändert sich dieses Bild nun langsam?
Es stimmt ja auch ein bisschen. Viele Dinge, die in einem Buch beschrieben werden, werden im Comic durch ein Bild dargestellt. Dadurch beschleunigt sich das Lesetempo bei gleicher Informationsdichte. Ein Comic ist in der Informationsvermittlung also effektiver. Vorausgesetzt, der Comic ist gut gemacht.
Was aber die öffentliche Meinung bezüglich Comics betrifft, erkenne ich hier noch keine Veränderung.
Lukas Kummer, geboren 1988 in Innsbruck. 2007 zog er nach Kassel, um Illustration und Comic zu studieren. Seit 2009 arbeitet er als Illustrator, Autor, Storyboard Artist und Gestalter. 2014 Studienabschluss bei Hendrik Dorgarthen. Seine Arbeiten wurden in Fanzines und Anthologien veröffentlicht, u.a. in „Triebwerk“, „Tisch 14“ und „Batterie“, seine erste Graphic Novel „Die Verwerfung“ erschien 2015, „Die Gotteskrieger“ 2017. Seine Thomas Bernhard-Graphic Novels „Die Ursache“ (2018, Comic-Bestenliste), „Der Keller“ (2019) und „Der Atem“ (2021) finden begeisterten Anklang. 2020 erschien außerdem die Graphic Novel Prinz Gigahertz.
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