Autorinnen über die ärgste Sache der Welt: Mutter werden, Mutter sein

REZENSION Barbara E. Seidl

„Was bedeutet es heute, Mutter zu werden und Mutter zu sein?“ Diese Frage stellte sich Barbara Rieger im von ihr herausgegebenen Band Mutter werden, Mutter sein. Das Ergebnis sind persönliche, essayistische und literarische Beiträge von fünfzehn Autorinnen, die sich mit den schönen, schwierigen und intensiven Seiten der Mutterschaft auseinandersetzen.

Wer vom kunstvoll gestalteten Cover auf eine Sammlung esoterisch angehauchter Lobeshymnen auf die Vorzüge des Mutterseins schließt, mag überrascht sein. Denn die hier zusammengetragenen Texte zeichnen ein weitaus vielschichtigeres Bild von Mutterschaft: sie erzählen von schönen Momenten ebenso wie von den Schattenseiten, stellen intensives Glück Blut und Schmerz gegenüber und immer ist da auch das Ringen um Zeit für sich selbst und Zeit für das Schreiben.

Anders als im realen Leben, sind es die Mütter, die in allen Texten im Mittelpunkt stehen. Dabei könnten die Frauen unterschiedlicher kaum sein. Da ist die Übermutter in Franziska Hausers „Meine Mutter, die Serienmörderin“, die sich nach Selbstverwirklichung sehnende Mutter in Verena Stauffers „Leben“, die radikale Mutter in Teresa Brückers „Ist es radikal, ein Kind ohne Partner zu bekommen?“.

Teils autobiographisch, teils fiktional widmen sich die Autorinnen dem Mutterdasein anhand verschiedener Textsorten – so schreibt etwa Elena Messner einen Brief an eine muttergewordene Schriftstellerin und Simone Hirth ein Manifest der Mütter, die nicht schweigen.

Barbara Rieger (Hrsg.), Mutter werden, Mutter sein. Leykam Verlag, 2021. 216 Seiten, € 22.

„Ich schreibe diesen Text, wie ich nun all meine Texte schreibe, in Zeitfenstern, Zeitlöchern, in einem Paralleluniversum, ungekämmt, indifferent gelaunt, laut lachend über dieses neue Leben, das alle Selbstverständlichkeit implodieren lässt“ schreibt Sandra Gugić, ein Bild, das vor allem allen Mütter unter den Leserinnen wohl allzu vertraut sein wird. Doch nicht nur sie werden sich von diesem Band berührt fühlen und zum Nachdenken angeregt werden. Abwechslungsreich erzählt aus fünfzehn unverwechselbaren Perspektiven, spricht Mutter werden, Mutter sein viele Themen an, die viel zu selten in den Raum gestellt werden und trägt möglicherweise dazu bei, dass diesen Anliegen in Zukunft mehr Beachtung widerfährt.


Barbara Rieger, geboren in Graz. Studium in Wien. Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur. Lebt und arbeitet als Autorin und Schreibpädagogin (BÖS) in Wien und im Almtal (Oberösterreich).

Mit Beiträgen von Helena Adler, Lene Albrecht, Katja Bohnet, Teresa Bücker, Nava Ebrahimi, Andrea Grill, Sandra Gugic, Franziska Hauser, Simone Hirth, Gertraud Klemm, Elena Messner, Lydia Mischkulnig, Barbara Peveling, Verena Stauffer

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