Ein Dorf, eine Beerdigung, ein Sommer voller Fragen: Marlene Gölz‘ Himmelfahrt

REZENSION Barbara E.Seidl-Reutz 04.September 2025

In Himmelfahrt erzählt Marlene Gölz von Erinnerung und Verlust, von Freundschaften, die uns prägen, und den Rissen, die sich erst im Rückblick zeigen.

Himmelfahrt ist ein Roman, der Erinnerung, Trauer und Selbstbefragung miteinander verwebt. Caro kehrt zur Beerdigung ihrer besten Freundin Melanie in das Dorf ihrer Kindheit zurück, und mit ihr kommen die Bilder von damals: unbeschwerte Sommer, die Nähe einer Jugendfreundschaft, aber auch die Fragen, die das Erwachsensein offenlässt. Im Hintergrund steht eine Ehe, die zu zerbrechen droht, ein Beruf, der sich leer anfühlt, und die Erkenntnis, dass man nie ganz dorthin zurückkehrt, wo man herkommt.

Die Sprache von Marlene Gölz ist dabei klar und unaufgeregt. Sie zeichnet Beobachtungen nach, ohne sie zu überhöhen. Gerade in dieser Zurückhaltung entsteht Intensität. Aus dem Alltäglichen, dem Schweigen zwischen Figuren, den Andeutungen, die mehr erzählen als lange Erklärungen. Himmelfahrt entwickelt eine Atmosphäre, die zugleich vertraut und brüchig wirkt, als würde man in bekannte Räume treten und doch merken, dass etwas Grundlegendes nicht mehr stimmt.

Marlene Gölz wurde 1978 in Linz geboren. Sie hat Kunst­geschichte und Kulturwissenschaften in Wien und Berlin studiert. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. 2018 erhielt sie den Preis der Akademie Graz für Kurzprosa. Heute lebt sie in Oberösterreich, wo sie als freie Autorin arbeitet, ebenso ist sie als Lektorin und in der Kulturarbeit tätig.Foto©MarcoPrenninger

Die Begegnung mit Tom, der Jugendliebe, ist weniger romantische Wiederkehr als Anlass zur Reflexion. Über das, was war, und das, was unausgesprochen blieb. Aus der Suche nach den Umständen von Melanies Tod entsteht ein Nachdenken über Freundschaft, über Nähe und Distanz und über die Frage, wie gut wir die Menschen kennen, die uns am nächsten stehen.

In diesem Sinn ist Himmelfahrt kein nostalgischer Heimatroman, sondern eine Erzählung über Brüche. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen den Bildern, die wir uns machen, und den Realitäten, die uns einholen. Der Roman liest sich leise, aber nachdrücklich, als Einladung, sich den eigenen Erinnerungen und Verlusten zu stellen, ohne Gewissheiten zu erwarten.


Marlene Gölz, Himmelfahrt. Septime, 2025. 192 S. gebunden

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