Text von Sabine Schönfellner
„Und die Lollo klettert munter / vom Gerümpelberg herunter“
Die Puppe Lollo wird weggeworfen, aber sie findet sich damit nicht ab: Gemeinsam mit anderen aussortierten und kaputten Spielzeugen und Kuscheltieren zieht sie in den Wald und baut sich eine neue Gemeinschaft mit Schachtelhäusern und einer Klinik für Waldtiere auf.
Aus 30 Jahren Entfernung nachzuvollziehen, was genau es war, das mich so an diesem Buch fasziniert hat, ist schwer – Erinnerung und Erzählungen überlagern sich. Dass man zusammen mehr erreichen kann, dass man Verletzten und Schwächeren unbedingt helfen muss, mag ich nebenbei mitgenommen haben. Viel mehr dürften mich aber die lebendigen Stofftiere und Spielzeuge und das Leben im Wald (mit gefährlichen Wespen und ihren schmerzhaften Stichen!) interessiert haben. Die Reime habe ich streckenweise mitgesprochen und dabei auch Fehler beim Vorlesen korrigiert, wird mir erzählt.
Hängengeblieben sind auf jeden Fall auch die dreifarbigen Illustrationen, an die ich mich gar nicht bewusst erinnern konnte. Beim Aufschlagen letztes Jahr gab es den Aha-Effekt: Daher kenne ich also dieses Bild!
Beim Wiederlesen und selbst Vorlesen fallen mir in erster Linie das N-Wort (das ich so nicht lese, schließlich ist Lollo einfach eine „schwarze Puppe“) und die klaren moralischen Botschaften auf (wie passend, dass mein Exemplar beim Wiederfinden einen leichten Kellermodergeruch hat). Auch habe ich erst jetzt gemerkt, dass Lollo gar nicht so sehr im Zentrum steht, wie ich dachte. Ich war überzeugt, Lollo ist die starke, unabhängige Protagonistin, die alle Entscheidungen trifft und die Gemeinschaft anführt und zusammenhält. Doch in den unterschiedlichen Geschichten (die ich als eine zusammenhängende in Erinnerung hatte) spielen verschiedene Figuren die Hauptrolle, etwa der Wuz, dem fad wird in der ruhigen Waldgemeinschaft, oder die frechen Mäuse, die karierten Stoff stehlen und am Ende doch gerettet werden.


Sabine Schönfellner, geboren 1987, studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Skandinavistik und Deutsch als Fremdsprache, anschließend Promotion in Germanistik. Organisiert und leitet Schreibwerkstätten in Graz und Wien. Retzhof-Preis für junge Literatur 2017, Stipendiatin der Schreibwerkstatt der Jürgen- Ponto-Stiftung 2018, Wiener Literatur Stipendium 2019, exil-Literaturpreis für Autor*innen mit Deutsch als Erstsprache 2020. 2021 erschien ihr Debütroman Draußen ist weit im Literaturverlag Droschl.