Ein Schatz für die Literaturgeschichte – Das Historische Wörterbuch zur österreichischen Literatur von Jakob Ebner

REZENSION Barbara E. Seidl-Reutz 17.Juli 2025

Das Historische Wörterbuch zur österreichischen Literatur, herausgegeben von Jakob Ebner, stellt einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung der österreichischen Literaturgeschichte dar. Mit seiner umfassenden Sammlung von über 1.000 Seiten, die die Entwicklung der österreichischen Literatursprache von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert nachzeichnet, ist es ein unverzichtbares Nachschlagewerk für Literaturwissenschaftler*innen und Interessierte gleichermaßen. Ebner, als erfahrener Sprachwissenschaftler und Literaturforscher, versteht es meisterhaft, die facettenreiche sprachliche und literarische Entwicklung Österreichs in einem einzigen Werk zu bündeln.

Besonders hervorzuheben ist die sorgfältige Recherche, die hinter jedem Eintrag steht. Das Wörterbuch dokumentiert nicht nur die Bedeutung einzelner Wörter, sondern stellt sie in einen historischen und kulturellen Kontext, was den Leser*innen ermöglicht, die Sprachgeschichte Österreichs in ihrer gesamten Tiefe zu verstehen. Dabei wird der Einfluss von gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Strömungen auf die Sprache und Literatur nachvollziehbar gemacht. Diese enzyklopädische Herangehensweise ist besonders wertvoll, da sie den umfangreichen Quellenreichtum und die Vielfalt der österreichischen Literatur widerspiegelt.

Neben der inhaltlichen Fülle beeindruckt auch die Gestaltung des Werkes. Die liebevolle Aufmachung zeugt von der Wertschätzung, die der österreichischen Literaturgeschichte entgegengebracht wird. Es ist ein Werk, das sowohl inhaltlich als auch visuell glänzt und somit nicht nur als Nachschlagewerk, sondern auch als kunstvolles Erinnerungsstück an eine kulturelle Tradition betrachtet werden kann.

Ein kleiner Wermutstropfen bei diesem sonst hervorragenden Werk ist die begrenzte Präsenz von weiblich gelesenen Autorinnen. Obwohl die österreichische Literaturgeschichte viele bemerkenswerte Schriftstellerinnen hervorgebracht hat, ist deren Darstellung im Historischen Wörterbuch zur österreichischen Literatur eher zurückhaltend. Diese Tendenz spiegelt eine allgemein bestehende Herausforderung wider, die historische Sichtbarkeit von Frauen in der Literatur stärker zu betonen.

Trotz dieses Makels bleibt das Historische Wörterbuch zur österreichischen Literatur ein äußerst wertvolles Werk. Es ist ein Meisterstück der Sprachwissenschaft, das sowohl als umfassendes Nachschlagewerk als auch als wichtige Dokumentation der kulturellen Entwicklung Österreichs dient. Für alle, die sich mit der österreichischen Literatur befassen, ist es ein unverzichtbares Werkzeug und zugleich ein faszinierendes Zeugnis der reichen und vielschichtigen literarischen Tradition, die das Land hervorgebracht hat.


Jakob Ebner, Historisches Wörterbuch zur österreichischen Literatur. Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich, 2025. Hardcover, 1058 Seiten.

JAKOB EBNER, geboren 1942 in St. Lorenz am Mondsee, studierte Germanistik und Geschichte, dialektologische Dissertation, arbeitete in der Dudenredaktion und dann als Gymnasiallehrer, unterrichtete Deutschdidaktik an Pädagogischen Akademien und an der Uni Wien. Als Lexikograph betreute er das österreichische Wortgut in den Dudenbänden, ist Mitherausgeber des „Österreichischen Wörterbuchs“, Mitarbeiter am „Sprachatlas von Oberösterreich“ und am „Variantenwörterbuch des Deutschen“. Publikationen: „Österreichisches Deutsch. Wörterbuch der Gegenwartssprache in Österreich“, 5., völlig überarbeitete und erw. Aufl. Berlin: Dudenverlag 2019; „Sprachatlas von Oberösterreich“, Band IV und V (Wortgeographie), mit Kommentar. Linz 2010 und 2024; „Wörterbuch historischer Berufsbezeichnungen“, Berlin/Boston: de Gruyter 2015; Aufsätze zur Dialektologie, zum österreichischen Standarddeutsch und zur Didaktik.

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