Sprachnachrichten (Zyklus, Auszug)

Foto @ Paul Siewert/ Unsplash

LYRIK von Susanne Schmalwieser

Rauris II

vielleicht oder konkreter / 

ins gesäuse einer eiligen träumerei geschneidert, 

diesen fünfundzwanzig minuten dann, 

wenn ich wieder in wien bin,

der weg besonders lang, sobald die prinz-eugen-strasse

meinen fersen ein schuhriemen aus plastik 

und wie aus liebe zerreibt er sie bis das fleisch darunter hervorblitzt / 

könnten wir beide wie in einem glas gespiegelt 

oder in der doppelung der müde zitternden bindehaut

uns vom vater eine zigarette stehlen und 

an dieser einsamen bushaltestelle /

dahinter der berg, der mir verzogenen nicht material werden will, 

fatamorganenhaft,

viel weniger glänzt im blickfang der kamera /

sitzen /

ich will dir einen krokus pflücken 

und zeitungsartikel ausschneiden, die dich interessieren.

Rauris IV

abends sprichst du aus meinem handy 

wie der kopfstoss einer katze gegen den handrücken

auf dem fensterbrett sitzen und diese stimme, 

besonders wenn ich nach ein zwei minuten 

die beschleunigung des wiedergabetempos wieder abstelle, 

wie einmal dieser sehnsucht die hand ausstrecken; 

du bist ein pixelkonvolut und an den besonderen tagen

begleiten wir einander die treppen hinauf oder hinunter; 

diese sehnsucht, die man sich austreibt, 

wie augenbrauenzupfen oder 

das zurückschieben der nagelhaut.


Susanne Sophie Schmalwieser wurde 2001 in Mödling geboren und studiert Germanistik und Digital Humanities an der Universität Wien. Sie ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe, u.a. des Texte.Wien Preis‘ für junge Literatur. Ihre Texte wurden unter anderem in Mosaik, perspektive und kolik sowie in der Literaturedition Niederösterreich publiziert. Schmalwieser war 2019 zum Treffen junger Autor*innen der Berliner Festspiele eingeladen und erhielt 2024 das Österreichische Startstipendium für Literatur. Inhaltlich interessiert sie sich in ihrem Schreiben für Zusammenhänge zwischen Technik, Sprache und Gesellschaft .

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