von Irena Habalik
„Wo aber Gefahr ist
wächst das Rettende auch“
Hölderlin
Wächst es auf Bäumen, dann auf die Bäume,
wir Jungen und Alten.
Am Meeresufer? Dann dorthin, solange
die Ufernelken blühen.
Ist es aber wahr? Und was wenn es irrt,
weil ein Irrer es sich so ausgedacht hat?
„Ein Gedicht rettet den Tag.“ Kann ein Gedicht es?
Wie viele Tage schon gerettet?
„Rette sich, wer kann.“ Und wer nicht kann?
Der Unrat wächst über uns, wir versinken,
auch wenn wir es nicht wissen.
Der Sturmwind tobt, auch wenn wir ihn beruhigen
mit sanften Worten.
Einer hat nie ein Zitat zur Hand,
die Hand erstarrte vor Angst.
Einer sagt: ein, zwei Zeilen für einen Moment,
der lebenslang haftet. Die Kunst des Haftens.
Wer zitiert, der existiert,
der wurde gerettet, hat unter der Matratze
einen Riesenvorrat an Zitaten.
Irena Habalik, stammt aus Polen, lebt in Wien. Schreibt Lyrik, Kurzprosa, Aphorismen. Publikation von zahlreichen Gedichtbänden, zuletzt „Male dein Schweigen“, Gedichte (Ludwigsburg: Pop Verlag, 2021). Einige Preise, u.a. Theodor-Körner-Preis (Wien 1987).
Näheres unter: https://irenahabalik.wordpress.com